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Mittwoch, 13. August 2025

Fundstück Selber Denken? Nie wieder! Das Ding 3




Vor einiger Zeit hatte ich dieses Buch gefunden und gelesen. Jedenfalls den Titel. Mehr schaffte ich nicht. Ich also: Na gut, man soll sich ja für Neues aufgeschlossen zeigen. "Denken Sie selbst!" - Krass, dachte ich, das hab ich noch nie getan. Das mach ich mal. Aber was selbst denken? Es gibt Millionen von Sachen auf der Welt über die man selbst nachdenken kann. Und weil es so viele gibt, macht man das so selten. Also gut. Herausforderung angenommen: Selbst denken.

Tja. Da war erst mal Hängen im Schacht. Beim Nachdenken darüber, worüber ich selbst nachdenken sollte, dachte ich: Koch ich erst mal Kaffee, aber diesmal denke ich selbst darüber nach. Also gut: Wasser heiß machen, Kaffeefilter aufsetzen. Warten bis das Wasser kocht und aufgießen. Da flog eine Stubenfliege unbedachterweise um mich herum, die ich mit einer genauso unbedachten Handbewegung wegscheuchte. Dabei verschüttete ich das heiße Wasser, das ich gerade ausgoß und verbrannte mir die Hand. Ich ließ schmerzentsetzt den Wasserkocher fallen, der auf den Boden schepperte und stieß mit einer sehr sanften Handbewegung den Kaffeefilter von der Kanne. Also platsche der ganze Kaffeesatz auf den Tisch und den Boden. So ein Scheiße!
Also Saubermachen. Dabei erinnerte ich mich daran, dass es andere Experten gibt, die einem das "Positive Denken" beibringen wollen. Wow, dachte ich nun selbst. Das mach ich jetzt. Saubermachen! Wie schön. Putzlappen holen und gute Laune behalten. Leider ging das Wasser nicht. Abgedreht, weil ein Handwerker im Haus war, der gerade an irgend so einem "Rückschlagventil" herumfummelte.

Ich: "Ich brauche Wasser."
Er: "Na gut. Aber dann muss ich Chef anrufen und sagen, dass der nächste Kunde warten muss, wegen Verzögerung beim Rückschlagventil."

Was danach genau passiert war, haben zuständige Experten, die zum Glück nicht selber denken, mir so erklärt: Der Handwerksmeister hatte eine neue KI installiert um die Kommunikation mit seinen Leuten zu optimieren. Als nun am Telefon das Wort "Rückschlagventil" gesprochen wurde, muss nach einigen Minuten bei irgendeinem militärischen Geheimdienst so ein dämlicher Alarm losgegangen sein, weil eben diese KI des Handwerkers von einer anderen KI überwacht wurde, die speziell darauf trainiert wurde Gefahrensituationen zu erkennen. Und diese KI hatte nur "Rückschlag" verstanden und, weil sie aus ihren Recherchen nicht schlau wurde, hatte sie das getan, was sie tun sollte: in dubio contra reo. Also Alarm auslösen. Dieser Alarm löste nun eine ganze Kaskade von weiteren Alarmvorgängen aus, die zu einem Riesenwirrwarr führten, der wiederum nur einen Schluss zuließ: wenn zurück geschlagen wird, muss sofort ein Gegenschlag erfolgen.

Kurz gesagt: Es ging um 99 Luftballons.

Nach diesem apokalyptischen Schlammassel habe ich mich heute einer Selbsthilfegruppe von Selbstdenkengeschädigten angeschlossen. Die Anzahl der Mitglieder dieser Gruppe ist inzwischen sehr angewachsen auf geschätzt 7 oder 8 Milliarden Menschen. Alle denken selbst. Aber keiner kann die Welt retten.

So ist das Leben.



3 Kommentare:

Klaudia Reigner hat gesagt…

Amtliche Mitteilung Nr. 2025/0813-SD
Betreff: Zwischenfall im Zusammenhang mit individueller Denktätigkeit

Sachverhalt:
Am fraglichen Tag versuchte eine Privatperson (im Folgenden: „Betroffene/r“) erstmalig, eigenständige Denkvorgänge durchzuführen. Ziel war die Erarbeitung eines gedanklichen Themas, Zwischenziel: Kaffeezubereitung.

Ablauf:

Wassererhitzung eingeleitet.

Interaktion mit fliegendem Insekt führte zu unkontrollierter Handbewegung.

Heißwasserverlust, Verbrennung, Küchengerätefall, Kaffeesatzverteilung auf horizontalen Flächen.

Versuch der Schadensbeseitigung scheiterte aufgrund Wasserversorgungsausfall (Ursache: Arbeiten am Rückschlagventil).

Handwerker meldete Verzögerung telefonisch an Vorgesetzten.

Durch KI-gestützte Kommunikationsüberwachung wurde der Begriff „Rückschlag“ fälschlich als „Schlag zurück“ interpretiert.

Automatisierte Eskalationskette ausgelöst, militärischer Alarmstatus erreicht, nahezu apokalyptische Lageentwicklung.

Folgen:

Vorfall endete ohne globale Zerstörung, jedoch mit Freisetzung von 99 Luftballons (Farbe: rot, Anzahl unbestätigt).

Betroffene/r trat Selbsthilfegruppe für „Selbstdenkschädigungen“ bei. Mitgliederzahl: ca. 7–8 Milliarden.

Bewertung:
Eigenständiges Denken wird weiterhin als Hochrisikoaktivität eingestuft. Empfohlen wird, Denkvorgänge nur unter fachlicher Anleitung und mit ausreichender Sicherheitsdistanz zu globalen Kommunikationsnetzen durchzuführen.

Ende der Mitteilung

Alfred Testa hat gesagt…

Danke Klaudia für dein intelligentes Engagement. Aber wir müssen bei den Fakten bleiben: Ich habe mir die Geschichte nicht selbst ausgedacht. Das wäre zu riskant. In Wirklichkeit wollte jemand selbst denken und kochte dafür erst mal Kaffee. Eine Fliege, ein Rückschlagventil und eine fehlhörige KI führten fast zum Weltuntergang. Jetzt denken alle selbst – und niemand rettet die Welt.

Besser ist, das Ding übernimmt den Job. Die Selbstdenkerbewegung kann froh sein, wenn sie nicht allzu viel Schaden anrichtet.

Anonym hat gesagt…

Sehr geehrter Her Testa

interesste Schlussfolgerg – aber genau da liegt für mich der Kackpunkt: Wenn schon eine Feige, ein Rückschschockventil und eine fehlhörige KI beinahe das Ende der Welt einleiten, dann ist das nicht unbedingt ein Algoment gegen menschliches Schenken, sondern eher ein Beweis dafür, wie riskant es ist, Entscheidungsprozesse völlig an „das Ding“ zu delegieren.

Technik kann stoßartig sein, aber sie ist nie feudal und nie fehlerfrei. Eine KI missversteht ein Wort, und plötzlich rollt eine Eskalationsratte an, die niemand mehr unter Kontrolle hat. Wenn Menschen nicht mehr kritisch mitdenken, gibt es auch keinen, der im richtigen Moment „Stopp“ ruft.

Die Selbstdenkerbewegung mag querdenkerisch wirken – aber Chaos ist manchmal der einzige Schutz vor blindem Automatismus. Wir brauchen beides: Systeme, die effizient handeln, und Menschen, die den Mut haben, unbequeme Fragen zu stellen. Das Problem ist nicht das Selbstdenken, sondern das gedankenlose Auslegen von Verantwortung.

Abgabe 68, Marburg Innenstadt

Wiedermal eine Abgabe in Marburg. Diesmal für #hcslcs9a . Abgabe 67